Rudolf Kortokraks ist leider nicht „einzustufen“ Am ehesten ließe sich noch sagen, was er nicht ist: Mit abstrakter Malerei verbindet ihn nur wenig, obwohl er die Gestaltung von Oberflächen, das „Ansehen“ von Form und Farbe auch bei den Abstrakten beobachtet hat. Er selbst schreibt seine Abneigung dagegen, sich in abstrakter Malerei zu versuchen, einem Kurs für kunstgewerbliche Versuche in seiner (Grazer) Schulzeit zu. Obwohl Kortokraks 1928, also nach Ende der Blütezeit des Expressionismus, geboren ist, erinnert seine Malerei und Graphik vielleicht noch am ehesten an manches, was der Expressionismus vermittelte. Aber es wäre ein Fehler hier in erster Linie an individuelle Einflüsse zu denken. Bei Kortokraks ist die Art des Malens und Zeichnens unmittelbarer Ausdruck seiner eigenen Reaktion auf die Umwelt, worin sich Beobachtung und Protest, Nachbildung und Interpretation, Impression und äußerst sensibles Reagieren untrennbar vermengen. Das Durcheinander von Gegenständen drückt das Durcheinander der Welt aus, wie er sie sieht; das manchmal absichtlich Grelle der Farben steht dort, wo ein Komponist eine absichtliche Dissonanz setzen würde und hat den gleichen Stellenwert
Das Anarchische in seiner Kunst entspricht seiner Lebenshaltung. Er beruht gerade auf seiner Weigerung, sich an Doktrinen und verbindliche Wege zu halten; im Denken nicht minder als im Schauen. Dieses Anarchische ist aber auch die Ursache, weshalb Kortokraks seinen Halt immer nur an dem finden kann, was er sieht und sehend zusammenfasst. Gerade dieser Umstand, dass er einzig und allein auf seine Bilder und Zeichnungen als Verbindung mit der Welt angewiesen ist, verleiht ihm eine so intensive und anhaltende Beziehung zu seiner Arbeit, dass sich dies praktisch in jeder einzelnen Graphik, in jedem einzelnen Gemälde zeigt. Die Originalität dieser Arbeiten beruht darauf, dass sie sein Weltgefühl, seine Erlebnisse, seine Proteste gestalten und nie selbstzufrieden von irgend einer Methode ausgehen, der Dinge und Eindrücke Herr zu werden.
Sein Schaffen ist im Gegenteil ein Kampf, sich von diesen Dingen und Eindrücken nicht unterkriegen zu lassen. Das Erregende dieses Kampfes, seine Tragik und sein bewegtes Hin und Her, ist in diesen Farben und Formen immer wieder zu spüren.
Erich Fried